
In seiner Funktion als Vorhut der wissenschaftlichen Weltanschauung hat das Bundesverfassungsgericht dem Klage-Spuk der Euro-Skeptiker heute ein deutliches, jedoch völlig verdientes Ende bereitet.
Zwar versteht man auch in Karlsruhe, dass „die Vergemeinschaftung von Staatsschulden ein hohes Risiko für die Eigenverantwortung berge“, kolportiert das Frontgeschütz des Klassenfeindes, die FAZ; nichts Anderes war indes Gegenstand der sogenannten Verfassungs-Klage der Diversifikanten auf den Gehaltslisten von Moody’s, die nun verdientermaßen abgewiesen wurde, indem man ihr Anliegen würdigte, es im Ganzen jedoch zu einer nicht nachvollziehbaren Argumentation erklärte.
Die reine Lehre der Euro-Rettung, die nicht etwa nur eine Abverkaufshilfe für die deutsche Export-Industrie und ein Pakt für deutsche Arbeit ist, sondern vor allem ein schöner und praktischer Beweis gelebter Solidarität, der Zärtlichkeit zwischen den Völkern, dem deutschen und dem griechischen zumal, ließe, so die Karlsruher Richter, anders als von interessierter Seite immer wieder behauptet, keineswegs erkennen, dass die Einheitswährung des Euro-Kontinents spätestens dann so hart wie Tzatziki sein wird, wenn die in Brüssel geplante Super-Euro-Finanz-Behörde ihre Arbeit aufnimmt und fleißig Euro-Bonds aufkauft, die sie im Keller von hochdotierten Praktikanten (m/w) schreddern und zu Pulpe machen lässt, so dass man anschließend etwas in der Hand hat, auf die sich all die bunten Bildchen drucken lassen, die den Anschein von Valuta vermitteln sollen.
Das vor dem Hintergrund, dass die andere Zentrale des international operierenden Finanzkapitals, das berüchtigte S&P, erst am Wochenende klar gestellt hat, dass die Bonds aus Super-Euro-Brüssel bestenfalls mit Rating-Note CC abschließen würden; sich also vermutlich wesentlich besser vekaufen würden, wenn man sie als Toilettenpapier deklariert.
Allerdings „weiß“ das Bundesgericht, dass man/frau hierzulande schon immer zehn Mark für ein Glas Wein bezahlt hat und acht für ein Brot: Ein Preisverfall durch die europäische Einheitswährung wäre gar nicht zu erkennen, so die Urteilsbegründung aus Karlsruhe.
Nein, nein, liebes Bundesgericht, da ist noch etwas proletarische Bewusstseinsbildung nötig. Das sieht alles noch viel zu offensichtlich danach aus, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, jedenfalls nicht von der sozio-ökonomischen Fallhöhe aus betrachtet, in der die Damen und Herren aus Karlsruhe so schön warm und trocken sitzen.
Noch einmal das Zentralorgan des Binnenimperialismus, die FAZ: Auch das Szenario, dass die Bürger durch die Rettungspakete mit einer sinkenden Kaufkraft des Euro rechnen müssten, konnten die Richter nicht nachvollziehen. Die Kritiker hätten nicht überzeugend darlegen können, dass eine solche Entwicklung unausweichlich sei.
In einem Punkt ist dem Karslruher Gericht indes auch aus Sicht des dialektischen Materialismus nur zuzustimmen: „Unausweichlich“ ist diese „Entwicklung“ tatsächlich nicht.
Dem Politbüro und ZK der CDU sowie den Kandidaten der Nationalen Front (CDU/FDP) muss vor lauter Glück und Zufriedenheit nicht bloß aus dem Mund ein warmes, gemütliches Lüftchen entwichen sein, angesichts dieser „politisch“ überaus vorteilhaften Entscheidung ihrer demokratisch legitimierten Partnerbehörde aus Karlsruhe.
Denn über Nacht soll sich die Zahl der Abtrünnigen und Abweichler in den eigenen Reihen, die der Vorsitzenden des Ministerrats und Generalsekretärin des ZK der CDU die Gefolgschaft in den Euro-Superstaat mit Lastenausgleich nach Portugal, Italien, Griechenland und Spanien, in Fachkreisen auch als PIGS bekannt, von 14 auf 25 Diversifikanten auf den Gehaltslisten von Moody’s fast verdoppelt haben.
Die Qualität der Prognosen zur „politischen“ Zukunft der Merkel-Regierung nähert sich derweil der Prognosequalität der Wert-„Kritik“ und Klima-„Forschung“, die ebenfalls, und darin dem Karlsruher Bundesgericht nicht unähnlich, durch ein entschiedenes, überzeugte Anything-goes und wissenschaftlich fundiertes Alles-ist-möglich auszeichnen. Oder, wie es die Kölner sagen, bevor sich bei ihnen die Verzweiflung breit macht: Et kütt wie et kütt.
Vicky Pollard aus Little Brittain verstand sich darauf, bereits vor vielen Jahren “yes, but no, but yes, but no” zu sagen, wenn sie sich derartig in innere und/oder äußere Widersprüche verstrickt hatte, dass sie aus ihnen nur noch befreien konnte, wenn andere ihren Schaden ignorierten.
An derselben Stelle ist nun auch das Karlsruher Bundesgericht angekommen, das angesichts der Euro-Rettung seinen Vicky-Pollard-Moment hatte, allerdings offenbar ohne viel von ihm zu merken, denn dabei stand den Rotröcken der blinde Fleck der Selbstwahrnehmung im Wege.
Statt zuzugeben, dass man auch in Karlsruhe angesichts der Euro-Rettung nicht weiter weiß, weil man im Gegensatz zum Orakel von Delphi nicht ohne weiteres in die Zukunft blicken kann, keine Kristallkugel zur Hilfe nehmen kann, darf oder möchte, auch keine Karten legt und das tibetanische Pantoffelorakel zumindest nicht im Büro praktiziert, hat man sich zu einem entschiedenen Ja-Nein-Weiß-nicht durchgerungen, dem nur durch Abbrechen/Hilfe wirklich zu helfen wäre, denn wie gesagt: „Unausweichlich“ ist die „Entwicklung“ nicht.
September 8th, 2011 → 5:52 am
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