(Gastbeitrag von „Schild und Schwert der Partei“)
Sogar die Kirchen zeigen Flagge gegen rechts. Oder, wie es genauer gesagt in der Online-Ausgabe der Rheinischen Post steht: „Auch Kirchen zeigen Flagge gegen rechts“. Einmal auf der Höhe des Zeitgeistes sein, denkt sich Pfarrer Axel Stein, der in Solingen die Eingliederung der ansonsten durch den Aberglauben verdunkelten Elemente in die Nationale Front der gesellschaftlich relevanten Kräfte für das Demokratische Deutschland betreibt.
Im Flagge zeigen haben fortschrittliche Protestanten wie Katholiken in Deutschland ihre besonderen Erfahrungen. „Beten für den Führer“ hieß damals die Devise. Evangelikale Fundamentalisten wie Paul McGuire schäumen heute noch darüber, haben sich Kirchenmitglieder doch auf diese Weise vom angeblichen himmlischen Messias ab- und sich einem irdischen, politischen zugewandt – dabei war es doch ein Akt der Vernunft, sich von der Bibel zu emanzipieren und diese im Lichte der neuen Zeit historisch-kritisch aufzuarbeiten.
Heute heißt es Flagge zeigen gegen „pro NRW“. Denn die wagen es, gerade im Rahmen des Wahlkampfes in NRW eine Tour unter dem Motto „Islamisierung stoppen“ durchführen zu wollen. Initiator der Tour, Patrik Brinkmann, wagt es doch tatsächlich, nicht nur am Islam herumzumäkeln, dem immerhin verdiente GenossInnen wie Mullah Omar, Mo Atta oder Osama Bin Laden entstiegen waren, sondern erweist sich auch noch als unverschämter Zionistenbengel, der in Bälde nach Israel pilgern will. Was Brinkmann anbelangt, wissen sich fortschrittliche SozialistInnen in der Forderung „Ausländer raus“ mit den nationalen SozialistInnen einig. Wie generell, wenn es sich um integrationswillige Christen handelt.
Pfarrer Stein freut sich, dass ihm ausnahmsweise einmal jemand zuhört und flötet in die Mikros der ihn belagernden Gutmenschenjournaille: „Wir sind als Solinger Bürger gegen diese Gruppierung“ – „hört, hört!“ und fügt adversativ, zwar sinnlos, aber wohlklingend hinzu, „aber wir sind auch Christenmenschen und stehen in diesem Punkt zusammen“. Wieso aber und erst recht: Warum auch? Jedoch, wer vor leeren Kirchenbänken zu predigen gewohnt ist, benötigt nur bedingt Logik für seinen Vortrag. Hauptsache Zivilcourage – und wenn es auch nur ein beherztes Auftreten gegen Koma-Patienten ist, die man mit tausendfacher Überlegenheit umzingelt und gestellt hat.
Statt Logik herrscht Geschäftigkeit in der Pfarrstelle. Zwischen der Solidaritätsveranstaltung für beschnittene Mädchen in Zentralafrika und der Andachtsminute für abgeschlachtete Robben und dem meditativen Schweigen gegen die Klimaerwärmung geht es nun richtig zur Sache: 1880 (18 und 88 – wenn das nicht schon wieder eine rechtsextreme subversive Aktion ist…) Unterschriften hat man bereits zusammengebracht, um die Rechtspopulisten, respektive Nazis, respektive Untermenschen aus der Stadt zu „kehren“ – die örtliche CDU wollte die Brut verdienstvollerweise „auskehren“. Endlich mal wieder klare Worrrrte. Ja, da können’s wir Deutsche doch noch. Solingen wird judenfrei, Pardon nazifrei, idealerweise beides auf einmal, denn als fortschrittliche GenossInnen wissen wir ja ohnehin, dass der Vergleich der Politik Israels mit dem Hitlerfaschismus ein Zeichen besonders kritischen Bewusstseins ist.
Ja, wo kommen wir denn da hin, dass solche reaktionären, antisozialistischen Elemente wie die Politiker von Pro NRW das Recht auf Versammlungsfreiheit für sich in Anspruch nehmen wollen? Schon vergessen, dass am 28. Februar zum Schutze des Landes, der Ruhe und der Ordnung gegen den libertären Ungeist folgender Artikel in die Verfassung eingefügt worden ist: „Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechtes der freien Meinungsäußerung einschließlich der Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechtes … auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen zulässig.“ Gut, das war der 28. Februar 1933; aber eins muss man den Leuten von der NSDAP doch lassen: Es waren immerhin, wenn auch partiell fehlgeleitete, Sozialisten.
So kann man das heute natürlich nicht mehr sagen. Die ganze republikfeindliche Hetze des Klassenfeindes muss jetzt subtiler bekämpft werden. Bei dieser verdienstvollen Aufgabe hilft auch Norbert Feith. Feith ist bekennender Katholik, und er muss dafür in Zeiten des allgemeinen Katholiken-Bashings den PC-Rosenkranz beten: „Ich als Katholik kann dieser Erklärung nur zustimmen. Im dritten Absatz fühle ich mich sofort zuhause. Denn da heißt es: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar. Sie widersprechen der biblischen Botschaft von Gott als dem Schöpfer aller Menschen.“ Klar, wobei der Oberbürgermeister von Solingen einen Zusatz vergessen hat: … dem Schöpfer aller Menschen, außer jenen, die von der öffentlichen Meinung als Rechtsextreme exkommuniziert worden sind.
Aber solche Kleinigkeiten kann man schon mal im Eifer des Gefechts vergessen. Tja, wo sich „Christen“ heute so wohlfühlen. Immerhin waren sie wohl erstmals in wirklich guter Gesellschaft, als sie mit GenossInnen in Reih und Glied standen, die – von der Lektüre des Bluthilde-Blogs motiviert – daran gingen, den gewaltfreien Widerstand der antifaschistischen KämpferInnen gegen die faschistischen Reaktionäre, klassenversöhnlerischen lassalleistische Revisionisten und Zionistenknechte mit Gefühl, Härte und Konsequenz in die Tat umzusetzen. „Auch Kirchen zeigen Flagge gegen rechts“ – vom Kinderfummler Cohn Bendit zum Solinger Bündnis „Bund statt braun“ bis hin zu den fröhlichen Freunden des Ehrenmordes und der Kinderverkupplung: Da müssen sich die Leute von pro NRW warm anziehen.
PS: Sie nehmen es ja nicht einmal mit dem bürgerlichen Vorurteil der Wahrheit allzu genau. Heute jammern sie zB, man hätte angeblich ihre Wahlkampfkundgebung gestört… – ausgerechnet in Bielefeld! *lol* 🙂
PPS:
Gerichte in bürgerlichen Staaten neigen bisweilen zu Formalismus, Objektivismus und einer rein positivistischen Auslegung von Rechtsnormen. Das macht sie anfällig für Fehlentscheidungen.
Deshalb bedarf es in der Übergangsphase zum Sozialismus unbedingt des Korrektivs in Form der kritischen AktivistInnen, die willens und in der Lage sind, solche Fehlentscheidungen durch entschlossenen Einsatz zu korrigieren.
Auch der Genosse Thierse hat dankenswerterweise aufgezeigt, dass ein politisches Amt und Zivilcourage einander nicht widersprechen. Dass jetzt Kritik an ihm laut wird, zeigt, wie weit faschistisches Gedankengut in unserer Gesellschaft noch virulent ist. Denn wer sonst außer Faschisten kann ein Interesse daran haben, dass Faschisten aufmarschieren dürfen?
netzwerkrecherche
Mai 4, 2010
Und so laute denn der neue Leitsatz aller Klassen- und BettgenossInnen: „Mit Gott für Merkel und Disneyland!“
Karl Eduard
Mai 4, 2010
Die Genossen von der AG kommunistische Christen sollte ihre kostbare Lebenszeit, wie uns der Genosse Pawel Kortschagin lehrte, nicht mit solchem Humbug vertun, sondern sich an seine Worte halten, „das Kostbarste was der Mensch besitzt ist das Leben. Es wird ihm nur einmal gegeben und leben soll er so, dass nicht sinnlos vertane Zeit ihn schmerzen, dass nicht Scham um eine schäbige und kleinliche Vergangenheit ihm brennt und das er im Sterben sagen kann: Mein ganzes Leben und all meine Kräfte hab ich hingegeben für das Schönste der Welt, den Kampf um die Befreiung der Menschheit“.
Aber selbst mit dem Parteiauftrag, den Jesus den Christen gab, die frohe Botschaft von Verbrechen ohne Konsequenzen hinauszutragen, ist sie völlig überfordert.
Nostalgie
Mai 4, 2010
Lieber Genosse, es hat sich gezeigt, dass selbst die Genossen von „Christen für den bewaffneten Kampf“ irgendwie wankelmütige Kandidaten sind.
Gugg in das Vorzeigeland des „Kaffeetrinkens für den Frieden“ was ist passiert?
Wirtschaftlich immer noch nicht auf der Höhe, der Kaffee nach wie vor ungenießbar und was haben die befreiten Christen gewählt? Die Konservativen!
Den Grund hat schon der alte Bismark erkannt, Sind selbst wenn sie noch so progressiv sind eben Ultramontane……….
Solange die von der AG machen, denken und sagen was wir wollen ist alles klar, aber es sind und bleiben Klerikale.
Elisabeth
Mai 4, 2010
Es ist schön zu sehen, dass die Arbeit von bluthilde Früchte bringt.
Jetzt ist wirklich an der Zeit eine klare Definition von „MenschIn“ der breiten Masse bewusst zu machen, damit auch jeder weiß, wer MenschInnenrechte wie Meinungs-, Rede-, und Versammlungsfreiheit, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit… für sich in Anspruch nehmen kann.
Ein/e MenschIn mit Anspruch auf MenschInnenrechte sollte nicht nur geboren sein, sondern schon ein ausgeprägtes, durch staatliche Erziehung geformtes sozialistisches Gewissen haben. Natürlich sollte MenschIn die sozialistische Gesellschaft nicht unnötig belasten (durch Krankheit, Alter, renitentes Verhalten) und es sollte sich aufrichtig und entschlossen gegen Klimaerwärmung und Diskriminierung alternativer Lebensformen einsetzen.
antifo
Mai 4, 2010
Gut, daß der demokratische Block da eingeschritten ist!
Hier bin ich auf etwas gestoßen, was den klassenbewußten und emanzipatorischen Kräften gefährlich werden kann:
Auf diesem repressiven Blog finden sich nur revisionistische Gedankenverbrechen der allerschlimmsten Sorte!