Einwurf: Vuvuzela-Kritik ist kein Kulturimperialismus!

Posted on Juni 16, 2010 von

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Ein kritischer, aber erkennbar an der Klarheit und Reinheit des Klassenstandpunktes orientierter Brief erreichte uns heute vom Genossen Holger. Es geht darin um die Bewertung der so genannten „Vuvuzelas“ und ihren Stellenwert innerhalb des revolutionären Arbeiterkampfes. Wir wollen hiermit dieses Schreiben dokumentieren und fordern zum kollektiven Gruppendenken darüber auf:

„Verehrte Genossinnen und Genossen,

vorweg möchte ich betonen, dass ich ihre publizistische Arbeit für die sozialistische Weltrevolution sehr schätze. Im Internetkollektiv „Facebook“ (im Übrigen ein einziger Datenschutzgau – sie sollten sich mal mit den Erkenntnissen der Genossin Aigner auseinandersetzen) rufen sie berechtigter Weise dazu auf, Rücktrittsforderungen an die Faschistin Katrin Müller-Hohenstein zu unterstützen.

Leider bezeichnen sie an dieser Stelle auch die Benennung des Vuvuzela-Trötens als Krach, als Kulturimperialismus. Daher sehe ich mich zu diesem Einwurf genötigt und empfehle ihnen in aller Deutlichkeit diesen sehr ernst zu nehmen, da unser geschätztes Politbüro mit Sicherheit bereits über die Umsetzung eines Vuvuzela-Verbots intern diskutiert! Außerdem diskreditieren sie damit die Aufklärungsarbeit unserer Zentralorgane, die die Vuvuzela allesamt verdammen.

"Tinky Winky Trötchen pusten": Der Genosse Holger erläutert, warum er diesem gendergerechten Vorkämpfer der sozialistischen Gay Pride Abteilung und ersten Vuvuzela-Fan des europäischen Kontinents sein Ansinnen abschlägig beschieden sehen möchte

Die Vuvuzela kann nur als Feind der sozialistischen Kultur angesehen werden. Aufgrund ihrer sonst tadellosen Linientreue, sei ihnen ihre Aussage verziehen; auch da die Vuvuzela oberflächlich betrachtet, selbst von GenossenInnen mit erhöhter revolutionärer Wachsamkeit, wie ihr Autorinnenkollektiv, als vermeintliche Bereicherung der sozialistischen Kultur angesehen werden könnte. So könnte sie als Signalhorn der Befreiung des Proletariats von den Ketten des kapitalistischen Großbürgertums gewertet werden. Zehntausende Angehörige der Arbeiterklasse feiern ausgelassen, für 90 Minuten ihre Helden des Volksports und können für diesen Augenblick die Qualen Ihrer Knechtschaft vergessen.

 Ist es da nicht legitim, der Freude über diesen seltenen Moment des Glücks im tristen Dasein der Ausgebeuteten, akustisch Ausdruck zu verleihen? Nein! Und ich will ihnen auch begründen warum. Die Vuvuzela ist nichts weiter als ein Spaßartikel der kapitalistischen Karnevalskultur und konterkariert die Ernsthaftigkeit, mit der der sozialistische Mensch ein solches Sportereignis begeht. Sie verhöhnt durch ihr obszönes Tröten, die Leistungen unser Diplomaten im Trainingsanzug, die mit der Kraft ihrer durch ehrliche Arbeit gestählten Muskeln, unser sozialistisches Mutterland zum Sieg führen werden. Eine Demonstration der Überlegenheit des neuen Menschen, der aus unserem Kollektiv erwächst.

Liegt es daran, dass sie als sexistisches Phallussymbol gedeutet werden kann? Oder am Klang, der an den reaktionären Schofar der Zionisten erinnert? Die Vuvuzela erregt jedenfalls weltweit die Gemüter

Auch politische Bekundungen, wie sie eng mit der Tradition der sozialistischen Sport-Kultur verwoben sind, gingen im Vuvuzela-Lärm unter. Glauben Sie, man hätte das berühmte Skandieren des bayrischen Proletariats („Scheiß Millionäre, wir singen: Scheiß Millionäre!“) im Beisein von 60.000 Vuvuzelas wahrgenommen? Ein anderer Aspekt, ist die Farbsymbolik, die der gemeinen Vuvuzela in unserem Lande anhängt. Jene verhassten Farben des Lützowschen Freikorps, gegen die das Politbüro seit Jahren ankämpft und es, aufgrund des Wirkens nationaler und neoliberaler Diversanten, nicht geschafft hat diese durch das geliebte Einheits-Rot zu ersetzen.

Wo sind nur die Zeiten meiner Jugend geblieben, in denen sich die faschistischen Horden aus Angst vor der eisernen Faust der Antifaschisten, mit diesen Farben nicht vor die Tür getraut hätten? Weiterhin kann keinesfalls als Argument für die Vuvuzela angesehen werden, dass diese in der Regel von unseren chinesischen Brüdern und Schwestern hergestellt wird.

An dieser Stelle möchte ich sie, verehrtes Autorinnenkollektiv, auf eine Entwicklung aufmerksam machen, die mich mit tiefster Sorge erfüllt: Offenbar macht sich seit geraumer Zeit, ausgerechnet in China, das Land, dass uns mit seiner großen Vergangenheit immer ein leuchtendes Vorbild gewesen ist, eine kapitalistische Verschwörung breit. Der Autor ist Anhänger der Theorie, dass sich die Rückübereignung des von den kolonialistischen Briten besetzten Hong Kong, wie die Implantation eines kapitalistischen Krebsgeschwürs, in den zutiefst gesunden Organismus der Volksrepublik, ausgewirkt haben könnte.

Leider scheint der sonst so weitsichtige Generalsekretär der kommunistischen Einheitspartei, blind für diese Entwicklung zu sein, oder sie anders zu bewerten. Um auf das Thema zurückzukommen: Genau diese kapitalistische Reptilienbande, zeichnet sich verantwortlich für die Fertigung dieser Vuvuzelas und bereichert sich an dem Geld unserer VolksgenossenInnen, das sie im Schweiße ihres Angesichts erarbeitet haben.

Ich hoffe ihnen wird nun langsam klar, wie fahrlässig ihre Aussage war und wie weitreichend die Implikationen sind! Abschließend sei noch der gesundheitliche Aspekt genannt: Eine Vuvuzela erzeugt den apokalyptischen Lärm einer Hiroshima Bombe, bei gleichzeitigem Vulkanausbruch, Erdbeben der Stärke 10 und Jahrhundert-Tsunami.

Als ob die geschundenen Ohren unserer Werktätigen, nach jahrelanger Beschallung durch den ohrenbetäubenden Lärm von Schmiedehämmern, Trennschleifern, Schwermaschinen und anderen Schall-Emittenten unserer monströs anmutenden Arbeitswelt – die bedauerlicher Weise, selbst durch massive, gezielte Intervention durch Parteien, Gewerkschaften und anderer Organe der deutschen sozialistischen Revolution, nicht wesentlich angenehmer gestaltet werden konnte – nicht gebeutelt genug wären.

Mit sozialistischem Gruß, ihr ergebener Leser“