Anpassungsstörungen im sozialistischen Bildungswesen

Posted on August 25, 2010 von

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Der Genosse Alan Posener hatte sich – was durchaus auch seitens unseres Kollektivs Würdigung erfuhr – nicht nur in frühen Jugendjahren, sondern auch noch im Laufe der vergangenen Jahre ehrlich und aufrichtig um eine Festigung seines Klassenstandpunktes bemüht.

Seine gerechtfertigte Kritik am Oberhaupt der Römisch-Katholischen Kirche und dessen regressiver Sexualmoral oder seine Würdigungen der revolutionären Gegenkultur im Herrschaftsbereich der westlichen Imperialisten, aber auch sein Bruch mit der reaktionären Vorhut der Hasbara-Journaille erweckten den berechtigten Eindruck, dass hier ein fortschrittlicher Mensch mit den Resten seines überkommenen bürgerlichen Bewusstseins um seine sozialistische Perspektive ringen und am Ende zu einer vollständigen Erkenntnis des proletarischen Klassenauftrags finden würde.  

Rebellion und Infragestellung der Verhältnisse sind eine unabdingbare Notwendigkeit unter kapitalistischen Verhältnissen...

Mittlerweile ist jedoch leider deutlich geworden, dass Posener vor dem gleichen Problem steht wie viele andere Persönlichkeiten der kritischen Intelligenz, die weit abseits der antifaschistischen demokratischen Insel DDR unter der Knute des Monopolkapitals aufwachsen mussten und die in der derzeitigen Phase des Spätkapitalismus als durch dessen Imperialismus gebrochene Persönlichkeiten nicht mehr die Kraft finden, den Transformationsprozess und den Aufbau des Sozialismus formend zu gestalten.

Nicht anders kann jedenfalls seine kürzliche Bestandaufnahme des Bildungswesens in der Hauptstadt der DDR verstanden werden, die den Schluss nahe legt, dass einige GenossInnen, die jahrelang im Westen wertvolle Zersetzungsarbeit gegen die bürgerliche Werteordnung und das dadurch gebildete Bewusstsein geleistet hatten, nicht mehr in der Lage sind, mit dem Tempo der revolutionären sozialistischen Umgestaltung der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse Schritt zu halten.

Mag es an den Spätfolgen des reichlichen Genusses bewusstseinserweiternder Substanzen liegen, mag es daran liegen, dass sie beim Marsch durch die Institutionen den direkten Weg von der Schule über die Uni und die Partei hinein in den Beamtenstuhl zurückgelegt haben, ohne dabei das Stadium der pubertären Rebellion verlassen zu haben: Ihr Problem ist es, zu begreifen, dass vor allem in urbanen Ballungsräumen wie Berlin der Fortschritt in der Bewusstseinsbildung zum Teil bereits so weit vorangekommen ist, dass die spätkapitalistische Gesellschaft bereits überwunden ist und der Sozialismus bereits mitten im Aufbau begriffen ist.

Durch die Überwindung des reaktionären bürgerlichen Bewusstseins und der kapitalistischen Produktionsverhältnisse ist in diesen Bereichen allerdings auch die Basis für Rebellion und Aufbegehren gegen diese weggefallen, da diese dann ähnlich atavistisch anmuten würden wie das Unterfangen, sich als lendenbeschurzter Schrumpfgermane verkleidet dem Römischen Heer unter Cäsar entgegenstellen zu wollen.

Sind die kapitalistischen Produktionsverhältnisse jedoch überwunden und baut eine Gesellschaft den Sozialismus auf, ist Dissens Zeichen eines falschen Bewusstseins.

Die zumeist der Partei der kritischen Intelligenz nahe stehenden, klassenbewussten BildungspolitikerInnen und Lehrkräfte aus dem Westen haben zum Teil wie es scheint nicht begriffen, dass Drogenjunkies, pöbelnde und besoffene Punker, bauchfreitop- und SVV-affine Bulimie- oder Borderlinetussis oder sich durch alle fünf angrenzenden Wohnblocks poppende 13-Jährige zwar eine unendlich wichtige Funktion in der Dekonstruktion und Delegitimierung einer noch bestehenden kapitalistischen Ordnung haben, aber spätestens in der Phase des Aufbaus einer entwickelten sozialistischen Gesellschaftsordnung ihren Weg der Einordnung ins Kollektiv unter der weisen Führung der Partei finden müssen.

Genau das aber versuchen jene – meist der Partei der Arbeiterklasse nahe stehenden – Lehrkräfte und SchulbürokratInnen, die ihre Sozialisation im bis zur vorübergehenden kapitalistischen Restauration 1989 antifaschistischen Teil des Landes erfahren hatten, den noch zaudernden oder durch jahrzehntelange Traumatisierung in kapitalistischer Freudlosigkeit gebrochenen West-GenossInnen hier und jetzt deutlich zu machen.

Dass Letztere zumindest ansatzweise begriffen haben, worum es sozialistischer Bildungspolitik geht, lassen ja auch Aussagen wie jene der Genossin Sauerbaum-Thieme erahnen, die von der „leichteren Beeinflussbarkeit“ jüngerer KollegInnen spricht.

Sozialistische Bildungspolitik dient der Bewusstseinformung, Bewusstseinsänderung und Bewusstseinskontrolle. Und auf der Basis dieses Konsenses sollten die GenossInnen West den GenossInnen Ost dankbar sein, wenn diese ihnen aus Jahrzehnten einer bereits verwirklichten sozialistischen Gesellschaftsordnung heraus Erfahrungen weitergeben, die jene GenossInnen noch nicht sammeln konnten, die so lange gegen die gefährliche Allianz aus Finanzmonopolen, Imperialisten, Zionisten, Faschisten, religiösen Eiferern, Fundamentalisten, Yankeeknechten, Anarchokapitalisten und Countrymusikern kämpfen mussten.